Beglaubigungen von Vollmachten durch die Betreuungsbehörde – Hinweis auf den neuen § 7 Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG)
publiziert am 20/09/2024
I.
Beglaubigungen von Vollmachten durch die Betreuungsbehörde
Im Rahmen der großen Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts hat der Bundesgesetzgeber zum 01.01.2023 den § 7 BtOG geschaffen. Die Norm ermächtigt Betreuungsbehörden, Unterschriften auf einer Betreuungsverfügung und auf Vollmachten beglaubigen zu lassen.
Ist damit eine neue Möglichkeit geschaffen worden, eine Vollmacht beglaubigen zu lassen – und das gegebenenfalls im Einzelfall deutlich preisgünstiger als beim Notar? So sieht § 7 Abs. 4 Satz 1 BtOG nur eine vom Geschäftswert unabhängige Festgebühr von 10,00 EUR vor.
In bestimmten Situationen eröffnet der § 7 BtOG tatsächlich die Möglichkeit, kostengünstig eine Unterschrift für eine Vollmacht beglaubigen zu lassen. Der Einsatzbereich ist allerdings sehr eng gesteckt.
Umfang des Anwendungsbereichs des § 7 BtOG
Der Anwendungsbereich einer Beglaubigung durch eine Behörde wird durch § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BtOG näher bestimmt. Dort heißt es auszugsweise:
„Die Urkundsperson bei der Behörde ist befugt, Unterschriften oder Handzeichen auf Betreuungsverfügungen und auf Vollmachten, soweit sie von natürlichen Personen erteilt werden, öffentlich zu beglaubigen. Die Wirkung der Beglaubigung endet bei einer Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers.“
Transmortale Beschränkung
Die Norm gibt folglich eine zeitliche Begrenzung vor. Nach Abs. 1 Satz 2 verliert die Beglaubigung ex nunc ihre Wirkung mit dem Tod des Vollmachtgebers. Ab dem Tod genügt die betreuungsbehördlich beglaubigte Vollmacht nicht mehr den Formanforderungen zum Nachweis vor dem Grundbuchamt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO) bzw. dem Handelsregister (§ 12 Abs 1 Satz 3 HGB). Sofern die Vollmacht transmortal erteilt ist, bleibt die Vollmacht zwar materiell-rechtlich wirksam. In der Folge wäre es so, dass sollte z.B. das Grundbuchamt trotz des Todes des Vollmachtgebers – unter Verstoß gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO – die vom Vertreter erklärte Auflassung des Grundstücks durch Eintragung des Erwerbers als neuen Eigentümer vollziehen, das Grundbuch richtig wäre: Der Erwerber kann wirksam Eigentum erwerben, da die transmortale Vollmacht des Vertreters materiell-rechtlich wirksam bleibt. § 29 GBO ist eine bloße Verfahrensvorschrift. Ein Verstoß gegen sie macht das Grundbuch nicht unrichtig.
In der Praxis wird der Vertreter in der Regel nach dem Tod des Vollmachtgebers von der Vollmacht vor dem Grundbuchamt bzw. Handelsregister aber keinen Gebrauch mehr machen können. Denn Grundbuchämter und Registergerichte sind verpflichtet – jedenfalls bei konkreten Anhaltspunkten – von Amts wegen zu ermitteln, ob der Vollmachtgeber noch lebt oder nicht.[1]
Die zeitliche Begrenzung bis zu dem Tod des Vollmachtgebers begründet der Gesetzgeber damit, dass nach dem Tod des Vollmachtgebers der Zusammenhang zum Betreuungsrecht und der Betreuungsbehörde ende. Nach dem Tod diene die Vollmacht nur noch der Nachlassabwicklung.[2]
Das Ende der Beglaubigungswirkung beim Tod des Vollmachtgebers gilt gem. § 34 BtOG nur für Vollmachten, die Betreuungsbehörden seit dem 01.01.2023 beglaubigt haben (→ zur Rechtslage für Altfälle unter II.).
Inhaltliche Begrenzung
Nach § 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BtOG darf die Urkundsperson bei der Behörde die Beglaubigung nur vornehmen, wenn die Vollmacht bezweckt, die Bestellung eines Betreuers zu vermeiden.[3] In der Regel sollte es folglich auch möglich sein, Vorsorgevollmachten, die (u.a. – siehe auch III.) dazu erteilt werden, die Bestellung eines Dritten zum Betreuer zu vermeiden, durch die zuständige Betreuungsbehörde beglaubigen zu lassen.
Zuständigkeit
Gem. § 2 Abs. 3 BtOG ist für die Beglaubigung jede Betreuungsbehörde örtlich zuständig, unabhängig vom gewöhnlichen Aufenthalt des Vollmachtgebers.[4] Welche Behörde sachlich für Betreuungsangelegenheiten zuständig ist, bestimmt sich gem. § 1 Abs. 1 BtOG nach Landesrecht. Nach Abschnitt I der Hamburgischen Anordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Betreuungsrechts liegt die Durchführungszuständigkeit in Hamburg beim Bezirksamt Altona.
Kritik an § 7 Abs. 1 Satz 2 BtOG und Rechtslage nach § 6 Abs. 2 Satz 1 a.F. BtBG für Altfälle
Die zeitliche Begrenzung der Beglaubigungswirkung gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 BtOG ist rechtspolitisch umstritten: Sie wird teilweise als „Entwertung“ der Betreuungsbehördenbeglaubigung kritisiert,[5] da der BGH kurz vor Einführung der Norm gerade noch die transmortale Verwendbarkeit von betreuungsbehördlich beglaubigten Vollmachten bestärkt hatte: 2020 beschloss der BGH, dass die Betreuungsbehörde nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG a.F. auch transmortale Vorsorgevollmachten beglaubigen dürfe und solch eine Beglaubigung den Anforderungen von § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO genüge, und zwar auch nach dem Tod des Vollmachtgebers.[6] Obergerichtlich war zuvor umstritten, ob eine transmortale Vollmacht grundbuchtauglich ist, wenn eine Betreuungsbehörde sie beglaubigt hat.[7]
Für Altfälle bleibt diese BGH-Rechtsprechung weiterhin maßgeblich: Vor dem 01.01.2023 von Betreuungsbehörden beglaubigte Vollmachten genießen nach wie vor Grundbuch- und Handelsregistertauglichkeit, auch wenn der Vollmachtgeber verstirbt (vgl. § 34 BtOG).
III.
Zusammenfassung
Im Ergebnis lässt sich daher zusammenfassen, dass die Beglaubigung einer Betreuungsverfügungen oder einer Vollmacht, die dem Zweck dient, eine Betreuung zu vermeiden, durch die zuständige Betreuungsbehörde in Einzelfällen eine kostengünstigere Variante zu der Beglaubigung durch einen Notar sein kann. Gleichzeitig sollte bedacht werden, dass bei Vollmachten, die über den genannten Zweck hinausgehen und/oder auch eine transmortale Wirkung vorsehen, die Erfüllung des Formerfordernisses angegriffen werden kann bzw. nicht gegeben ist. Für eine umfassende und in der Praxis vollumfänglich einsetzbare Vorsorgevollmacht ist die notariell beglaubigte Vollmacht daher nach wie vor der sicherste Weg.
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Notare Bergstraße
[1] Str. ist, ob die Amtsermittlungspflicht nur bei konkreten Anhaltspunkten für den Tod des Vollmachtgebers besteht, oder ob das Grundbuchamt immer eine ‚Lebensbescheinigung‘ z.B. mittels eidesstattlicher Versicherung fordern muss (so die wohl h.M.), dazu mit zahlreichen Nachweisen Otto, in: BeckOK-GBO, Stand: 53. Ed., 3.6.2024, § 29 GBO Rn. 202.
[2] So die Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf in BT-Drucks. 19/24445, S. 350.
[3] Weitere Einschränkungen normiert § 7 Abs. 2 Satz 2 BtOG (Blankobeglaubigung und Ausschluss bei Vertretung eines Beteiligten durch die Betreuungsbehörde).
[4] Ratio legis: Auch bei vorübergehenden Krankenhausaufenthalten außerhalb des Wohnsitzes soll die Beglaubigung leicht ermöglicht werden, Deinert, in: Kurze, Vorsorgerecht, 2. Aufl. 2023, § 7 BtOG Rn. 2.
[5] Zitat von Kurze, ErbR 2023, 505, Nw. weiterer kritischer Stimmen auf S. 506 Fn. 11.
[6] BGH, Beschl. v. 12.11.2020 – V ZB 148/19, BeckRS 2020, 43343.
[7] Zahlreiche Nachweise zu diesem Streit bei Deinert, in: Kurze, Vorsorgerecht, 2. Aufl. 2023, § 7 BtOG Rn. 5 Fn. 3 und 4.
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